Offener Brief an den Regierungsrat Asylsozialhilfe
Offener Brief (geht auch an die Medien)
Sehr geehrter Herr Regierungsrat Guido Graf
Im Namen zahlreicher Organisationen setzen wir uns für ein menschenwürdiges Leben für alle geflüchteten Personen im Kanton Luzern ein. Der Krieg in der Ukraine hat uns erneut vor Augen geführt, wie schnell Menschen zur Flucht gezwungen werden können. Seit langem geschieht dies vielen Menschen aus Syrien, Afghanistan, Eritrea, Kurdistan, dem Iran, dem Irak und vielen anderen von Kriegen erschütterten Regionen der Welt. Die Schweiz sieht sich als Land mit einer langjährigen humanitären Tradition. Die Luzerner Bevölkerung und viele Organisationen sind stets solidarisch – wie aktuell in diesem Frühjahr – wenn grössere Gruppen von Menschen in die Schweiz flüchten.
Diese Solidarität beinhaltet auch eine angemessene finanzielle Unterstützung. Die
Asylsozialhilfe im Kanton Luzern für Personen mit F-, S- und N-Bewilligung entspricht jedoch nicht dem, was ein Mensch in unserer Gesellschaft benötigt, um ein Leben in Würde führen zu können. Soziale Teilhabe und letztlich Integration werden durch den tiefen Ansatz massiv erschwert. Der Kanton Luzern setzt den Grundbedarf für den Lebensunterhalt unter Bezug auf die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) auf 1'006 Franken für Schweizer:innen und anerkannte Flüchtlinge. Für geflüchtete Menschen mit den Bewilligungen F, S und N gilt hingegen nur der halbe Ansatz. Diese Menschen erhalten täglich 11.20 Franken pro erwachsene Person in einer kollektiven Unterkunft, beziehungsweise 13.80 Franken, wenn sie in einer Wohnung leben. Dies entspricht monatlich maximal 430 Franken. Dieser Betrag liegt sogar tiefer als derjenige beim Beschluss der kantonalen Asylverordnung vom Jahr 2015.
In der Debatte zur Verabschiedung des Bundesgesetzes, in welchem die Höhe der Asylsozialhilfe geregelt ist, wurde eine moderate Unterschreitung der üblichen Sozialhilfe im Umfang von 15 bis 30 Prozent gefordert. Der Kanton Luzern unterschreitet im Vergleich zu einigen anderen Kantonen bei der Asylsozialhilfe die SKOS-Richtlinien massiv. Im Juni dieses Jahres hat das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die Asylsozialhilfe für vorläufig aufgenommene Personen, die schon lange in der Schweiz leben, als zu tief eingestuft und auf 85 Prozent des regulären Ansatzes festgesetzt. Die stark reduzierte Asylsozialhilfe wirke sich «nachteilig oder gar kontraproduktiv» auf die soziale Integration der Menschen aus. Dies hat auch für den Kanton Luzern Relevanz, weshalb dieser unserer Meinung nach seine Praxis anzupassen und die Asylsozialhilfe deutlich zu erhöhen hat. Für Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen müssen, soll es keine Strafe sein, im Kanton Luzern zu leben. In diesem Zusammenhang wird in der laufenden Vernehmlassung der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) gefordert, «dass die Kantone den rechtlichen Spielraum, den das aktuelle Asylgesetz bietet, so ausnutzen, dass Integration und gesellschaftliche Teilhabe von vorläufig aufgenommenen Personen und Personen mit Schutzstatus S optimal gefördert werden».
Nach dem Dargelegten fordern wir Sie und den Gesamtregierungsrat des Kantons Luzern dazu auf, die Ansätze der Asylsozialhilfe zu erhöhen. Die engagierten Organisationen vom Solinetz Luzern sind tagtäglich in Kontakt mit Menschen aus den erwähnten Personengruppen. Wir sind damit konfrontiert, dass sie aufgrund der viel zu niedrigen Asylsozialhilfe daran gehindert sind, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und sich so zu integrieren, dass sie baldmöglichst wirtschaftlich selbstständig werden.
Wir sind überzeugt, dass ein höherer Ansatz in der Asylsozialhilfe auch der gesamten Gesellschaft zugutekommt und das Zusammenleben zwischen Einheimischen und Zugewanderten bereichert. Alle Personen, die hier als geflüchtete Menschen Schutz finden, haben das Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Die geforderte Erhöhung ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Gerne erwarten wir Ihre zeitnahe Stellungnahme.
Freundliche Grüsse
Solinetz Luzern
Kevin Schmidli
Geschäftsleitung
Medienanfragen gerne schriftlich an info@solinetzluzern.ch